Asmus Finzen Asmus Finzen: Gewalt
 

Gewalt

Beim Thema psychische Krankheit und Gewalt denkt man üblicherweise an jene Gewalt, die psychisch Kranke gegenüber anderen Menschen ausüben. Die gibt es ohne jeden Zweifel. Psychisch Kranke sind keine besseren Menschen als alle anderen. Aber psychisch kranke Menschen sind gehäuft gewalttätigen Übergriffen von so genannten gesunden ausgesetzt. Sie sind, insbesondere, wenn sie durch ihre manifesten Symptome in ihrer sozialen Kompetenz eingeschränkt sind, häufiger Opfer von anderen Risikogruppen – wie Betrunkenen oder ausgeflippten Jugendlichen. Sie sind bevorzugte Opfer von Hassverbrechen wie Obdachlose, Rollstuhlfahrer, sichtbar körperlich und geistig Behinderte und anderem mehr. 

In den letzten Jahren sind dazu in angelsächsischen Zeitschriften Untersuchungen erschienen, die das objektivieren. So schreibt das britische Lancet (2013) in einem Editorial von „schockierenden Zahlen“ im Zusammenhang mit Übergriffen gegen psychisch Kranke. Der Autor betont deshalb die Notwendigkeit eines Perspektivenwechsels, wenn es um psychisch Kranke und Gewalt geht. Die Zeitschrift dokumentiert vermehrte Übergriffe, vermehrte Gewalt und Hassverbrechen gegen psychisch Kranke. Der Autor bezieht sich dabei auf eine aktuelle Studie, die die englischen gemeinnützigen Organisationen Mind und Victim Support (2013) veröffentlicht haben.

Im gleichen Jahr erschien eine schwedisch amerikanische Untersuchung (Crump u.a. 2013) über den Anteil psychisch kranker Menschen an Mord- und Totschlagsverbrechen in Schweden. Danach werden psychisch Kranke dreimal häufiger Opfer von Straftaten als andere Menschen: Jedes vierte Opfer in Schweden hatte an einer psychischen Krankheit gelitten. 

Anfang 2014 habe ich über eine Untersuchung über die Häufigkeit von tödliche Gewalt gegenüber psychisch Kranken bei Polizeiinterventionen in Deutschland berichtet. Nach meinen Recherchen waren mindestens ein Drittel der Opfer tödlicher Gewalt im Zusammenhang mit solchen Interventionen erkennbar psychisch krank (Finzen 2014). 

Der Journalist und Psychologe vom Rundfunk Berlin-Brandenburg Dr. Norbert Siegmund kam parallel dazu aufgrund eigener Recherche zu einem Anteil von mehr als zwei Drittel (Siegmund 2014). Dabei handelt es sich um ein internationales Phänomen. In den meisten Ländern liegt Gesamtzahl der Opfer von Polizeiinterventionen verhältnismäßig niedrig. Eine Ausnahme bilden die USA, wo nach einer Agenturmeldung jährlich etwa 1.100 Menschen Polizeischüssen zum Opfer fallen, davon etwa ein Drittel psychisch Kranke.

Meine Artikel zum Thema Gewalt

Psychisch Kranke als Opfer: Übergriffe, Gewalt und Hass-Verbrechen. (Frankfurter Allgemeine Zeitung und Psychosoziale Umschau 2013)  (Als PDF-Datei herunterladen)

Schweden: Jedes vierte Mordopfer war psychisch Krank. (Frankfurter Allgemeine Zeitung und Psychosoziale Umschau 2013) (Als PDF-Datei herunterladen)

Tödliche Polizeischüsse: Schlechte Karten für psychisch Kranke. (Soziale Psychiatrie 2014) (Als PDF-Datei herunterladen)

Zwangsmedikation: Die Psychiatrie nach den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und davor. (Recht & Psychiatrie 2013) (Als PDF-Datei herunterladen)

Hilfe, Zwang und Willkür in der Psychiatrie. Aufsätze 1984 bis  2013.

  • Einleitung: Vergessene Gewaltanwendungen: Gewalt gegen psychisch Kranke. (Als PDF-Datei herunterladen)

  • Zwischen Freiheitsberaubung und unterlassener Hilfeleistung (1984). (Als PDF-Datei herunterladen)

  • Zwischen Hilfe und Gewalt: Ein unsausweichliches Dilemma der Psychiatrie (1987). (Als PDF-Datei herunterladen)

  • Fürsorgerischer Freiheitsentzug und Patientenrechte (1991). (Als PDF-Datei herunterladen)

  • Zwangsbehandlung mir Psychopharmaka? Das Recht auf Verweigerungstherapie – Entwicklungen in den Vereinigten Staaten (1993). (Als PDF-Datei herunterladen)

  • Hilfe wider Willen. Zwangsmedikation in der Psychiatrie (1993). (Als PDF-Datei herunterladen)

  • Anhörung der zentralen Ethikkommission bei der Bundesärztekammer (2012). (Als PDF-Datei herunterladen)

  • Das Bundesverfassungsricht legitimiert die Zwangsmedikation – "als letztes Mittel bei klarer gesetzlicher Regelung (2013). (Als PDF-Datei herunterladen)

  • Zwischenbilanz (2013). (Als PDF-Datei herunterladen)


Stand: April 2016